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Knackiges zum Fest bei Promi-Fleischer Müller

Rund um die Feiertage stehen die Kunden Schlange bei dem Traditionsbetrieb. Anderen Läden geht es weniger gut.

Von Julia Vollmer

Sechs verschiedene Sorten Knacker hängen an der Wand. In der Auslage vor den glänzenden grauen Kacheln liegen unzählige verschiedene Wurst- und Fleischsorten. Hinter der Theke steht ein Schrank, dessen Inhalt bei allen Grillfreunden Sehnsucht nach dem nächsten Sommer weckt. Denn die Fleischerei Müller auf dem Weißen Hirsch hat einen eigenen Kühlschrank nur für Steaks. Die Kunden stehen in der Vorweihnachtszeit und vor allem kurz vor Heiligabend Schlange bei dem Traditionsbetrieb. Die Konkurrenz vom Discounter scheint Jürgen Müller und seinen Mitarbeiter nichts anhaben zu können.

Es geht längst nicht allen Fleischereien so gut wie der auf dem Weißen Hirsch. Aktuell gibt es 257 Fleischerbetriebe mit rund 3 400 Mitarbeitern im Bezirk der Handwerkskammer Dresden. 2010 waren es 281. 1996 gab es 397 Fleischereien.

Der Hauptgrund für das Laden-Sterben ist die Konkurrenz durch die Discounter. Diese bieten billig produzierte Waren zu dementsprechend niedrigen Preisen. Damit können die meisten Familienbetriebe nicht mithalten. Doch die Dresdner Handwerksbetriebe steuern dagegen, so Daniel Bagehorn, Sprecher der Handwerkskammer Dresden. Um zusätzlich Geld zu verdienen, bieten viele einen Mittagsimbiss und Catering an. „So hat sich die Situation im Fleischerhandwerk insgesamt stabilisiert“, sagte Bagehorn.

Die Stimmung im Lebensmittelhandwerk verbesserte sich in den vergangenen fünf Jahren, so die Kammer. In ihrer Herbst-Konjunkturumfrage schätzen 59 Prozent der befragten Unternehmen im Lebensmittelhandwerk ihre Lage als gut ein. Das waren so viele wie noch nie. Demgegenüber bewerten aber auch 18 Prozent der befragten Unternehmen von ihrer Situation als schlecht. Dies entsprach dem größten Anteil im Branchenvergleich.

Aktuell kämpft das Fleischerhandwerk vor allem mit fehlenden Fachkräften. Viele finden weder Nachwuchs noch Betriebsnachfolger, so Bagehorn. Der Fleischerberuf sei gerade bei Jugendlichen nicht sehr attraktiv. Auf einen Arbeitsbeginn um vier Uhr in der Nacht hat kaum jemand mehr Lust. Außerdem habe es die Branche, im Vergleich zu anderen Gewerken, lange Zeit verpasst, um Nachwuchs zu werben. Handwerkskammer-Sprecher Bagehorn beobachtet hier allerdings eine Wandlung. Der Sächsische Fleischer Innungsverband wirbt nun vermehrt auf Messen, mit Flyern und im Internet speziell um Jugendliche.

Statt auf Flyer setzt Jürgen Müller auf kulinarische Weiterempfehlungen von Familie, Freunden und Nachbarn. In den Wochen vor dem Fest stehen die Menschen Schlange bei Müllers und tauschen den neuesten Klatsch aus. In selbiger Schlange kann man auch schon mal Ministerpräsident Stanislaw Tillich samt Gattin, Bürgermeister Peter Lames oder Sänger und Moderator Gunther Emmerlich treffen. Sie alle sind Kunden auf dem Hirsch. Neben den Weihnachtsklassikern Gans und Ente wagen sich die Dresdner auch zunehmend an „Experimente“, erzählt Jürgen Müller. Am ersten Feiertag liegt bei einigen Familien nun auch mal ein Steak statt Gänsebraten mit Klößen auf dem Teller. Die Steaks kommen aus den USA, Argentinien oder Japan. Parmesan- und Wildknacker bekommen um die Feiertage Konkurrenz von einem Weihnachtsknacker mit Mandelsplittern und Rosinen. Neben den Knackern produzieren Jürgen Müller und seine 18 Mitarbeiter verschieden Sorten Bratwürste – von italienisch bis thailändisch. „Wir probieren immer wieder Neues aus“, erzählt der 60-jährige Chef. Dafür fährt der Dresdner regelmäßig auf Fortbildungen, liest Fachmagazine und tauscht sich im Innungsverband mit Kollegen aus.

Nur mit gleichbleibend guter Qualität und kompetenter Beratung seiner Kunden kann sich sein Betrieb gegen Netto und Co. durchsetzen, ist er sich sicher. 1940 wurde die Fleischerei Müller als Familienbetrieb gegründet und wird seitdem von den nachfolgenden Generationen geführt. 1980 übernahm Jürgen Müller nach seinem Studium das Ruder. Inzwischen ist seine Tochter Kristin an seiner Seite und kümmert sich um das firmeneigene Catering-Unternehmen.